Faszination Fotografie

Wir lesen das Buch „Faszination Fotografie“ von Marina Weishaupt, erschienen im Rheinwerk Verlag. Ist es sein Geld wert?

Die bislang unbekannte Autorin Marina Weishaupt möchte uns große und kleine Szenen aus ihrem Repertoire der Fotografie zeigen. Laut Umschlag kommt es ihr dabei nicht auf die perfekte Technik an, sondern mehr um die Leidenschaft für die Fotografie.

Regeln schüchtern nur ein?!

In der Einleitung heißt es außerdem „Regeln schüchtern nur ein“, und dass sie da sind, um gebrochen zu werden.
„Statt den Zeigefinger auf technische Perfektion zu zeigen“ wäre anderes viel wichtiger, so das Credo der Autorin. Aber es kommt noch besser: „Für ein gutes Foto muss der Fokus nicht zu 100% sitzen. Die Belichtung auch nicht“ schreibt Marina Weishaupt.

Nun, dann bin ich nach diesen fragwürdigen Glaubenssätzen jetzt schon mal richtig gespannt auf Texte und Bilder, die mich im Buch erwarten.

Mut zur Imperfektion

Los geht es mit dem Kapitel 1, welches sich „Basics“ nennt. Warum die Autorin das nicht „Grundlagen“ genannt hat, bleibt unklar.

Und erneut macht sie gleich zum Kapitelstart klar, dass es nicht um Technik oder technisch perfekte Fotos geht. Technik störe schließlich nur den kreativen Prozess. Maximal unlogisch folgt nun aber ein langes Kapitel zur Technik! Hier geht es um Kameratechnik, Objektive, Lichtstärken, Brennweiten, Vorteile der Spiegellosen, Speicherkarten und mehr. Haben wir nicht gerade gelesen, dass die Technik gar nicht so wichtig ist?

Immerhin erfahren wir hier wichtige Informationen wie „Selbst bei Nieselregen kann dein Equipment auf Dauer nass werden“. Das ist schon sehr profan, was hier an Tipps kommt.
Auch mit der technischen Erklärung wie bei der Blende hapert es, schließlich stellt die Blende mathematisch einen Bruch dar, wie 1:4. Bei der Erklärung der Tiefenschärfe unterläuft der Autorin sodann der Fehler, dass sie die minimale Schärfe bei „f2 oder niedriger“ ansiedelt.
Es muss aber „f/2 oder höher“ heißen, denn 1/2 ist mehr als 1/4 und nicht weniger.

Und so geht es weiter mit Halbweisheiten, Profanitäten und Gendersprech zu Kapitel 2.

Texte sind widersprüchlich oder falsch

Endlich folgt ein Kapitel zur Bildgestaltung. Obwohl Regeln ja nur stören und sowieso gebrochen werden sollten, geht es nun also wenig folgerichtig erst einmal zur bekannten Drittelregel. Auch der goldene Schnitt als eine der ältesten Regeln in der Geschichte der Fotografie fehlt nicht. Sehr merkwürdig, wie die Autorin sich auch hier ständig selbst widerlegt.

Obwohl der Text widersprüchlich ist, sind die Bilder aber tatsächlich sehenswert, das muss man sagen. Übrigens sind die Fotos sehr wohl nach Regeln gestaltet.

Im Kapitel zum Licht wird es dann endlich weniger technisch. Hier stehen die Tipps zur Technik in einem extra Kasten und der Fokus liegt auf der Suche nach der besten Tageszeit. Anschließend geht es um die Motivfindung. In diesem Kapitel sind leider wenig kreative Ansätze vorhanden, vielmehr zählt die Autorin verschiedene Wetterbedingungen auf: Sonne, Nebel, usw…
Sodann erfahren wir, welche Motive wir in bestimmten Landschaften finden können: Berge,Täler, Strände, usw.
Ist das denn wirklich alles? Besteht die Faszination Fotografie denn nur aus Landschaften? Was ist mit Porträtfotografie, mit Sport- und Makrofotografie?

Zum Schluss gibt es dann noch Grundsätzliches zur Bildbearbeitung. Aufgrund der Tiefe dieses Themas wird hier aber nur das Wesentliche angerissen, leider auch hier wieder mit mehr als fragwürdigen Aussagen, die nicht einmal zum Thema passen:
„Auf dem Smartphone wirken Fotos in Hochkant deutlich besser als im Querformat – allein schon dem Fakt geschuldet, dass sie größer dargestellt werden“. Muss man dazu noch etwas sagen?
Und was ist mit Panoramafotografie, die jedes Smartphone heute beherrscht?

Zielgruppe für das Buch

Ich sehe die Zielgruppe bei Smartphone-Aufsteigern und Einsteigern in die ernsthaftere Fotografie. Erfahrenere Amateure werden von dem ersten Drittel des Buches gelangweilt sein, weil sie diese technischen Grundlagen überall schon mal gelesen haben. Und Bücher zur Bildgestaltung gibt es auch wahrlich bessere und ausführlichere, insbesondere was die Texte angeht.

Fazit

Die Bilder im Buch, alles Fotos der Autorin, sind allesamt sehr gelungen – und technisch durchaus perfekt. Sie wirken gestaltet und wollen daher so gar nicht zum Text passen, der genau das Gegenteil verheißt. Insgesamt wirkt das Werk wie mit der heißen Nadel gestrickt. Vielleicht hätte die Autorin einen Bildband mit ihren Landschaftsfotos herausbringen sollen, statt ein Buch über die „Faszination Fotografie“. Vielleicht hätte man das Buch auch einfach besser nur „Einstieg in die Landschaftsfotografie“ nennen sollen.

Insgesamt ist das Buch daher mit dem gegebenen Titel ein wenig enttäuschend.

Die Webdigital Bewertung

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