Stürzende Linien und Perspektive in Lightroom korrigieren

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Das bekannteste Problem in der Architekturfotografie sind stürzende Linien. Wie entstehen sie, wie korrigiert man sie einfach in Lightroom und wie vermeidet man sie schon bei der Aufnahme?

Vermeidung ist besser als Korrektur

Stürzende Linien entstehen beim Kippen (Hochrecken) der Kamera, wenn Du diese also nach oben richtest. Warum? Weil beispielsweise ein hohes Gebäude sonst nicht komplett aufs Bild passt oder nach hinten kein Platz mehr da ist.

Damit sind sie ein immer wieder gleiches Problem beim Fotografieren von Immobilien und Architektur. Aber sie treten auch bei Table top Fotos auf.

Du hast immer damit zu tun, wenn Du die Kamera schräg von unten auf das Motiv richtest. In der Praxis fallen sie häufig bei Verwendung von Weitwinkelobjektiven auf. Das ist jedoch keine „schlechte“ Eigenschaft solcher Objektive, sondern hängt nur mit dem EInsatz solcher Objektive zusammen.

Zum Glück lassen sie sich relativ leicht in Lightroom korrigieren, wenn man ein paar Kniffe beachtet. Aber sie lassen sich auch schon im Zeitpunkt des Fotografierens vermeiden, wie ich hier zeigen werde:

Bildbeispiele

Lightroom stürzende Linien

Stürzende Linien in einem Foto ohne Bearbeitung.
(Bildausschnitt)

Das Bild habe ich in Kotor (Montenegro) gemacht. Bereits im Sucher merkte ich, dass die Perspektive sehr steil und der Bedarf einer nachträglichen Korrektur sehr groß sein würde.

Die Türme scheinen durch den tiefen Kamerastandpunkt -und die Reckung nach oben- nach hinten zu fallen: stürzende Linien.

stürzende Linien korrigieren

Gerade gerichtet in Lightroom

Mittels Software wurden die Türme aus Bild 1 in der Bildbearbeitung gerade gerückt.
Nicht optimal, aber besser.

stürzende Linien vermeiden Lightroom

Stürzende Linien vermieden

Hier bin ich ein paar Meter zurückgegangen, Kamerastandpunkt ist immer noch tief. Aber die Kamera wurde nicht nach oben gereckt, sondern die optische Achse geht geradeaus zum Kircheneingang.

Dadurch einfache Vermeidung stürzender Linien und dazu noch ein schöner Vordergrund! Dies ist also der einfachste Weg, um randparallele Linien zu bekommen. Somit entfällt die Nachbearbeitung, denn die geht ja bekanntermaßen immer zulasten der Bildqualität. Denn bei Geraderücken werden Pixel weggeworfen.

Und warum sollte man eine Kamera mit vielen Megapixeln kaufen, wenn man am Ende die Hälfte wegwirft?

Stürzende Linien in Lightroom korrigieren

Jede digitale Bearbeitung ist übrigens meist mit Kompromissen und einem Verlust an Bildqualität behaftet. Deshalb suchst Du am besten einen Standort, an dem Du die Kamera möglichst wenig oder gar nicht kippen musst. Das vermeidet stürzende Linien schon von Anfang an. Somit ersparst du dir viel Zeit vor dem PC .

Das ist auch einfacher, als sich blind auf die digitalen Tools in Lightroom zu verlassen, siehe die Fotos als Beispiele.
Somit ist das beste Korrigieren eine Vermeidung schon bei der Aufnahme.

Bei der nachträglichen Korrektur stürzender Linien mittels einer Bildbearbeitung wird die Verwendung eines Shiftobjektivs bzw. einer verstellbaren Fachkamera nachgestellt. Hierzu wird die Aufnahme oben horizontal gespreizt und unten entsprechend gestaucht. Gleichzeitig werden auch Anpassungen in der vertikalen Achse vorgenommen, um die Proportionen zu wahren.
Aber der Nachteil solcher Verfahren ist offensichtlich: In den gespreizten Bereichen muss die Software Bildpixel hinzu erfinden. In den gestauchten Bereichen dagegen gehen Informationen verloren.

Upright Lightroom
Upright-Tool in Adobe Lightroom Classic

Je nach Grad der Korrektur kann dieses Hinzu- Erfinden zu starken Unschärfen führen. Und bei genauem Blick erscheinen nach der Bearbeitung diese Bereiche stets unschärfer als die gestauchten. Daher sollte die Korrektur stürzender Linien mit Lightroom immer behutsam erfolgen.

Tricks und Software gegen stürzende Linien

Zur Korrektur stürzender Linien hat das freie Gimp eine recht brauchbare Funktion. Spezialisiert auf vertikal stürzende Linien hat sich das ebenfalls freie Programm ShiftN, das eine auto Korrektur anbietet. Diese liefert in vielen Fällen gute Ergebnisse und lässt auch manuelle Eingriffe zu. Ähnliche Funktionen haben dabei auch in kommerziellen Bildbearbeitungsprogrammen Einzug gehalten.

Wenn man keinen genügenden Abstand zum Objekt erreichen kann, sollte man mehrere Fotos mit einer mittleren Brennweite machen. Später kann man diese mit einer Software zu einem Panorama zusammensetzen. Das erspart eine Korrektur.

Shift Objektive für Profis

PC Nikkor 19mm
PC Nikkor 19mm

Als ideale Lösung in fast allen Fällen erweisen sich sogenannte Shift Objektive, die von allen namhaften Herstellern angeboten werden. Diese Objektive korrigieren die Perspektive bei der Aufnahme. Sie sind so konstruiert, dass sich der vordere Teil des Linsensystems mit Hilfe einer Verstellschraube um bis zu 11mm dezentrieren lässt. Auf diese Weise wird es möglich, die Kamera gerade zu richten. Und durch Shiften des Objektivs das Bauwerk praktisch in den Ausschnitt zu holen.

Der bewegliche Teil lässt sich aber auch seitwärts verschieben. Somit lassen sich nach demselben Prinzip ebenfalls horizontal fliehende Linien bei einer seitlich verschwenkten Kamera wieder parallel biegen. Mehr noch! Ein störender Vordergrund – eine Laterne, ein Auto oder ein Baum – kann ganz einfach aus dem Bild verbannt werden. Nämlich, indem wir uns seitlich von ihm plazieren und die horizontal fliehenden Linien durch Shiften wieder zu Parallelen machen.

Shift Objektive sind recht teuer, wenig universell einsetzbar und lohnen sich freilich nur für (Architektur-)fotografen, die dieses Spezialobjektiv häufig einsetzen. Somit ist es jedoch das beste Objektiv für die Immobilienfotografie. Denn das Objektiv lässt sich bereits während der Aufnahme so verstellen, dass stürzende Linien direkt beim der Aufnahme eliminiert sind.

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