Willst du einen Rennwagen oder Sportler ständig scharf im Sucher verfolgen, brauchst du eine dynamische Schärfenachführung. Lies hier, welche Möglichkeiten es gibt, und wie du deine Kamera richtig einstellst.
Auf die Kamera verlassen?
In der Sportfotografie muss alles schnell gehen. Sieg und Niederlage liegen oft nur Sekunden auseinander. Hier gibt es daher wenig Raum für den Ästheten, der eine langsame Herangehensweise wählt. Schnelligkeit siegt.
Hier muss man sich auch mal ganz auf die Technik verlassen. Vor allem, wenn die Action so schnell ist, dass das menschliche Auge kaum noch mitkommt. Denn mit den falschen Einstellungen sind die Bilder schnell unscharf. Das gilt insbesondere bei bewegten Objekten wie Sportlern, Rennwagen, Motorrädern etc.
Du solltest dich also auf geeignete Funktionen verlassen, um die Trefferquote zu erhöhen. Mit anderen Worten: Sportfotografen müssen alle Mittel einsetzen, um das entscheidende, gut komponierte und vor allem scharfe Foto zu machen. Zum Glück gibt es daher die kontinuierliche Schärfenachführung (focus tracking), ein Segen für alle Sportfotografen.
Die kontinuierliche Schärfenachführung ist eine Autofokusfunktion, die die vorausschauende künstliche Intelligenz des Prozessors nutzt, um sich bewegende Motive zu analysieren. Aber das ist noch nict alles. Sie kann „vorhersagen“, wohin Sportler sich bewegen werden, um den Fokus auf dem Motiv zu halten, während du im Serienbildmodus fotografierst.
Wenn sich dein Motiv bewegt und du es durch den Sucher verfolgst, berechnet das System die Position des Motivs. Und zwar anhand seiner Geschwindigkeit, Größe, Entfernung und Bewegungsrichtung. Wenn du den Finger halb auf dem Auslöser lässt, verfolgt die Kamera das Motiv automatisch und kontinuierlich. Und stellt es sogar scharf. Das funktioniert bei modernen Geräten erstaunlich gut. Werden diese Technologien mit jeder Kamerageneration und jedem Firmware-Update verbessert? Ja. Wird diese Technik deine Schärfe in der sehr schwierigen Disziplin der Action-Sportfotografie verbessern? Auf jeden Fall.
Kontinuierlicher Autofokus (AF-C / AI Servo)
Ich bin mit meiner (noch) D810 in erster Linie ein Nikon Fotograf und daher spreche ich hier aus Erfahrung. Obwohl die Grundidee der Schärfenachführung für alle großen Kamerasysteme gleich ist. Die Einstellung des Autofokus auf kontinuierliche Verfolgung ist recht einfach. Die anspruchsvolleren Vertreter einer Marke bieten mehr Optionen für die Einstellung des zu verfolgenden Fokusbereichs. Aber selbst Einsteigerkameras wie die Nikon D5600 bieten einen kontinuierlichen Autofokus. Bei Nikon und Sony ist er als „AF-C“ und bei Canon als „Continuous Servo oder AI-Servo AF“ bezeichnet.
Um die AF-C Einstellung bei den meisten Nikons zu aktivieren, hältst du einfach die AF-Taste unten links am Kameragehäuse gedrückt. Dabei drehst das Hauptsteuerrad, bis du AF-C im Sucher oder auf dem LCD-Monitor siehst. Bei den neuesten Spiegellosen von Nikon befindet sich die Steuerung für diese AF-Modi im Menüsystem. Wenn auf AF-C eingestellt ist, während du den Auslöser (oder die Fokussiertaste) halb gedrückt hältst und deine Action im Sucher verfolgst, bewegt sich auch der Fokus mit dem Sportler mit. Und behält es scharf im Sucher.
Fokuspunkte richtig wählen
Der nächste Schritt, damit die Schärfenachführung ihr Bestes gibt, besteht in der Bestimmung der Fokuspunkte. Du musst also je nach Motiv, Größe und Geschwindigkeit den Fokuspunkt oder die Fokusbereiche bestimmen, die deinen Sportler verfolgen sollen.
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Manche Kameras haben mehr Fokuspunkte für die Schärfenachführung als andere. Und manche haben eine Reihe von Punkten, aus denen du wählen kannst. Die Nikon D6 DSLR Kamera bietet zum Beispiel bis zu 105 AF-Punkte und mehrere AF-Gruppenbereiche. Und die Canon EOS R5 spiegellose Kamera hat 1053 AF-Phasendetektionspunkte. An dieser Stelle solltest du dir Gedanken über den Aufbau deines endgültigen Bildes machen. Wenn du den Fokuspunkt an einer anderen Stelle als der Mitte haben möchtest, musst du den Fokuspunkt anpassen und fixieren. Bei einer Nikon DSLR kannst du dies mit dem Multifunktionswähler auf der Rückseite der Kamera einstellen, indem du ihn in die Position „L“ (Lock) schiebst.
Wenn du ein Motiv mit Schärfenachführung verfolgen willst, das sich in einer geraden Linie bewegt oder nicht besonders schnell ist, solltest du in der AF-C-Einstellung (Nikon/Sony) den Einpunkt-AF-Modus wählen.
Bei Sportlern, die sich dagegen unvorhersehbar bewegen oder im Zickzack laufen, wie z.B. bei einem Fußball- oder Hockeyspiel, sollten andere Modi wie „Zone“, „Erweitern“, „Weit“ oder „Flexibler Punkt M“ im Sony-Menü bessere Ergebnisse liefern. Hier wird es allerdings ein bisschen kompliziert, denn die Hersteller haben unterschiedliche Systeme und unterschiedliche Möglichkeiten. Daher solltest du dein Handbuch und die Menüs für Schärfenachführung genau studieren.
Bei den neuesten spiegellosen Nikons ist beispielsweise der dynamische AF-C die bevorzugte Schärfenachführung für Actionmotive, die sich schnell und unregelmäßig bewegen. Also z.B. bei Sportaufnahmen. Wenn das Motiv den ausgewählten Punkt kurzzeitig verlässt, stellt die Kamera mit Dynamic Area AF anhand der umliegenden Fokuspunkte scharf. Die spiegellosen High-End-Modelle von Sony verfügen über Real-Time Tracking, eine KI-basierte Technologie, die den Fokus auf das Motiv richtet. Auch Nikon bietet in ausgewählten Modellen das 3D Focus Tracking an, das den Fokuspunkt automatisch verschiebt, um der Bewegung it Schärfenachführung zu folgen.
In der Welt der Sportfotografie sowie der Tier- und Vogelfotografie sind lange Teleobjektive oft die Norm. Es kann damit sehr schwierig sein, sich schnell bewegende Sportler durch ein langes Objektiv im Bild zu halten. Daher kann es einfacher sein, den Fokuspunkt in der Mitte zu wählen und für die bevorzugte Komposition zuzuschneiden. Einige Kameras haben auch eine Touch-Fokus-Steuerung, mit der du den Fokuspunkt durch Berühren des Punktes auf dem LCD-Monitor festlegen kannst.
Nikon LOCK-ON™
Bei der Schärfenachführung mit Nikon Lock-On kannst du die Zeitspanne festlegen, die dein Apparat ein störendes Objekt ignoriert, das dein Motiv verdeckt.
Mit anderen Worten: Du konzentrierst dich auf einen Vogel, der an dir vorbeifliegt. Wenn du die Kamera mit der Bewegung des Vogels schwenkst, verfolgt das Autofokussystem ihn und stellt ihn scharf. Während der Vogel vorbeifliegt, unterbricht ein Ast kurz die Schärfenachführung, während sich der Vogel hinter ihm bewegt und dann wieder auftaucht. Wie würdest du dich fühlen, wenn der helle Ast die Aufmerksamkeit der Kamera erregt? Und du somit die Verfolgung des Vogels verlierst? Das wäre doch ziemlich ärgerlich, oder?
Damit das nicht passiert, bieten die D810 und Profikameras wie D5 und D6 eine Fokusverfolgung mit Lock-on. Der „Lock-on“-Teil dieser Funktion hilft deiner Kamera, den Fokus auf deinem Sportler zu halten, auch wenn kurz etwas zwischen Kamera und Motiv kommt. Wenn diese Funktion aktiviert ist, bleibt die Kamera hartnäckig an deinem Motiv dran.
Ohne die Schärfenachführung mit Fixierung kann jedes helle Objekt, das sich zwischen dich und deinen Sportler schiebt, die Aufmerksamkeit der Kamera auf sich ziehen. Und somit dazu führen, dass du die Schärfe auf dein Motiv verlierst.
Die Kamera bietet eine variable Zeitspanne für die Nachführfunktion. Wenn sich ein Objekt für eine bestimmte Zeit zwischen der Kamera und deinem Motiv befindet, zieht es die Aufmerksamkeit der Kamera auf sich. Du kannst die Verzögerungszeit so einstellen, wie es für dich am besten ist. Experimentiere ein wenig, damit du herausfinden kannst, was für deinen Aufnahmestil am besten geeignet ist. Die Werkseinstellung ist „Normal“, was nach meinen eigenen Tests einer Verzögerung von etwa 1 Sekunde entspricht.
Empfindlichkeit der Schärfenachführung richtig wählen
Eine Einstellung, mit der die Schärfenachführung verbessert werden kann, ist die Nachführempfindlichkeit. Bei den Kameras der Sony Alpha a9 Serie wird die Nachführempfindlichkeit als „Responsive“, „Standard“ oder „Locked-On“ bezeichnet. Wobei die Zahlen von 5 bis 1 reichen. Der Reaktionsmodus ist ideal für sich schnell bewegende Motive oder wenn du zwischen Motiven wechselst. Zum Beispiel bei einem Fußballspiel, wenn ein Spieler vor einem anderen vorbeiläuft und du den Fokus auf den vorbeilaufenden Spieler legen möchtest.
Der Modus „Fixiert“ eignet sich am besten, um den Sportler auch dann noch scharf zu stellen, wenn er hinter etwas im Bild vorbeizieht. Canon Kameras verwenden ein numerisches System zur Angabe der Empfindlichkeit; mit einem Bereich von -2 bis +2. Die Einstellung der Empfindlichkeit auf +1 oder +2 ist vergleichbar mit der Einstellung „Responsive“ im Sony-System. Sie eignet sich am besten für sich schnell bewegende Motive. Dagegen ist eine Einstellung von -1 oder -2 hilfreich, wenn du einen belebten Hintergrund hast und den Fokus auf dein Hauptmotiv beibehalten möchtest.
Die oben genannten Einstellungen sind Möglichkeiten zur Feinabstimmung der kontinuierlichen Schärfenachführung. Du musst sie selbst in der Praxis ausprobieren, um herauszufinden, was für dich am besten funktioniert. Man kann über die Präzision des manuellen Fokus und die Kontrolle des Einzelschuss-Autofokus (AF-S) streiten. Aber meiner Meinung nach gibt es einen einfachen Punkt, den du bei Sportaufnahmen nicht vergessen solltest: Stell deine Kamera auf kontinuierlichen Autofokus ein und lass die Technologie in deiner Hand für dich arbeiten.
Ein offensichtlicher Nachteil dieser Technologie ist, dass die kontinuierliche Fokussierung den Akku belastet. Du solltest also immer genügend Akkus zur Verfügung haben, wenn du im Stadion ankommst.
Hast du bereits Erfahrungen mit Systemen zur kontinuierlichen Schärfenachführung in der Sportfotografie gemacht? Dann würden wir uns über deine Kommentare und Erkenntnisse freuen, was bei dir funktioniert.
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